Vorgeschichte und Geschichte von Hirschau
Am 26. Juni haben der Ratsstüble Hirschau e.V. und der Förderverein Unser Hirschau gemeinsam eine Historische Führung durch den Ort unter Leitung von Prof. Dr. Mark Mersiowsky, Universität Stuttgart, veranstaltet. Um die 50 Interessierte fanden sich am Ratsstüble. Dort wurden die Vorgeschichte Hirschaus, die allmähliche Besiedlung des Neckartals und die Ersterwähnung Hirschaus behandelt. Die Klimaverbesserung und zunehmende Bevölkerung führten im 12. Jahrhundert dazu, dass sich die Grundherren der Höfe im Neckartal zusammentaten und die bisher verstreuten Höfe an der heutigen Stelle zusammenlegten, sie planmäßig um einen Dorfanger, die heutige Kingersheimer Straße, ansiedelten und das Gelände rings umher für den Getreideanbau in die drei Zelgen einteilte, in denen jeweils einheitlich und jährlich wechselnd Winter- und Sommergetreide angebaut wurden, um dann alle drei Jahre als Brachland als Viehweide zu dienen. Damit alle Höfe entsprechende Anbauflächen hatten, war eine großangelegte Flurbereinigung nötig. Die Spuren dieser Organisation reichen bis heute: die Grundstruktur Hirschaus und Verwaltung, die noch heute im Rathaus sitzt.
Danach ging es weiter zur Ägidius-Kirche. Die Vorstellung, Hirschau sei im Mittelalter arm gewesen, ist eine Legende. Es war stattdessen das reichste und ertragreichste Dorf der Grafschaft Hohenberg. Quelle des Reichtums war der Wein. Die Hirschauer haben es sich schon im 14. Jahrhundert leisten können, eine eigene Kapelle zu haben und sie mit weiteren Altären und „Planstellen“ für Kleriker auszustatten, alles selbstfinanziert und gegen die Pfarrer von Sülchen und Wurmlingen, die für Hirschau zuständig waren, durchgesetzt. Zur eigenen Pfarre wurde Hirschau im 15. Jahrhundert mit Hilfe der Mechthild von Rottenburg, deren Wirken näher erläutert wurde.
Dann ging es in den Kreuzlinger Weg, um das Werden des Dorfes und seine Struktur kennenzulernen. Bauformen wie Topographie lassen gut erkennen, wo das alte Dorf lag und wo die Ausbauten des 20. Jahrhundert begannen. Die Höfe lagen wie Perlen aufgereiht an der Straße bzw. dem Dorfanger, an der Peripherie der Höfe Unterkünfte für Tagelöhner, Stallungen und Scheuern. Um diese Höfezone herum lagen die Gärten für den Gemüseanbau, und an diese eingezäunte Gartenzone schloss sich der Bereich der Streuobstwiesen an.
Vor der Kreuzlinger Kelter ging es dann um den Weinbau, der Hirschau im Mittelalter reich gemacht hatte. Hirschauer Wein wurde von Hirschauer Weinbauern auf dem Spitzberg angebaut, in den vielen Hirschauer Keltern gepresst, doch dann in Tübingen, Rottenburg oder Bebenhausen ausgebaut.
Die zahlreich erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer folgten interessiert den Ausführungen und haben freiwilligen Spenden in Höhe von insgesamt 302 € in den Hut des Vortragenden gelegt, die jeweils hälftig an die veranstaltenden Vereine gingen. Beide Vereine und der Vortragende bedanken sich ganz herzlich für diese große Hilfe für unsere Vereinsarbeit!
Der Abend klang gemütlich und in fröhlicher Runde im Ratsstüble aus.